Der passende Formfaktor für System on Modules
24.11.2022 Hardware Design Expertenwissen embedded world

Der passende Formfaktor für System on Modules

Individuell, herstellerspezifisch oder Branchenstandard? Bei der Auswahl des Formfaktors für System on Modules gibt es diese drei Möglichkeiten. Jede hat Stärken und Schwächen. Ein paar entscheidende Punkte helfen bei der Auswahl des passenden Formfaktors für das nächste Embedded-Projekt.

Ein Mann hält ein System on Module in die Kamera Bei der Auswahl des passenden Formfaktors für SoM gibt es einige Punkte zu beachten. (Foto: DH electronics)

Auswahl des Formfaktors


Was ist ein System on Module (SoM)?

Bei einem System on Module (SoM) handelt es sich um ein Embedded-Computermodul, oft auch als Computer on Module (CoM) bezeichnet. Es wird auf ein Träger- oder Carrierboard gelötet oder gesteckt. Hierbei befinden sich alle relevanten Funktionen beziehungsweise Funktionseinheiten auf dem Modul. Zum Beispiel Prozessor- und Grafikeinheit, Arbeits- (DRAM) und Programmspeicher (NOR, NAND, eMMC), Takt- und Energiemanagement sowie zahlreiche Kommunikationsschnittstellen wie Ethernet, WiFi, Bluetooth, USB oder I2C.

Ein SoM kapselt die wesentlichen Teile eines Embedded-Computers und ist im Gegensatz zu einem Single Board Computer (SBC) kein einsatzbereites System. Die dazu fehlenden Bestandteile wie Stromversorgung oder Steckverbinder sind auf dem SoM-Trägerboard unterzubringen.

Warum sind System on Modules so beliebt?

Mit der voranschreitenden Digitalisierung und der steigenden Nachfrage nach immer leistungsfähigeren sowie kleineren Embedded-Computern, steigt die Komplexität der Systeme rapide an. Der Einsatz von System on Modules beschleunigt die Produkteinführung und spart so Zeit und Kosten. Zudem ermöglichen SoMs Entwicklern die nötige Flexibilität beim Produktdesign.

Um das Entwickeln von SoMs für den Anwender zu vereinfachen, integrieren Halbleiterhersteller immer mehr Funktionen in ihrem System on Chips (SoCs). Hersteller von SoMs müssen die kritischen High-speed-Komponenten sowie die große Anzahl an Verbindungen auf möglichst kleinem Raum unterbringen und Computermodule in hoher Qualität und Stückzahl produzieren.

Worin unterscheiden sich die SoM-Formfaktoren?

Die Auswahl des Formfaktors sollte auf Grundlage der produktspezifischen Anforderungen erfolgen, wobei jede Möglichkeit ihre Vor- und Nachteile hat.

Das Hauptargument für das Verwenden eines individuellen Formfaktors ist das optimierte SoM-Design auf Basis dieses SoC. Daraus ergibt sich, dass individuelle SoMs in der Regel alle Features des verwendeten SoC auch extern zur Verfügung stellen, was bei Standard-Formfaktoren (egal ob herstellerspezifisch oder Branchenstandard) meist nicht der Fall ist. Das heißt, möchte man alle Features eines SoC nutzen, ist die individuelle Lösung die beste Wahl – nicht mehr und nicht weniger.

Ein individueller SoM-Formfaktor ergibt dann Sinn, wenn der zu verwendende SoC und die benötigten Features bekannt sind. Komplexe Designteile wie Power Management und DDR-Speicheranbindung fallen weg, zudem stellt der SoM-Anbieter Software- und Design-Support bereit.

Bei SoM-Standards hat man oft das Problem, dass SoC-spezifische Features nicht auf dem Mainboard verfügbar sind, weil das Feature nicht Teil des Standards ist. Weiterhin ist Standardisierung immer mit zusätzlichen Kosten verbunden, da der SoM-Anbieter beispielsweise die Spannungspegel mit Pegelübersetzern und Ähnlichem anpassen muss. Im Gegenzug ist die Kompatibilität mit einem Standard gegeben, das heißt Entwickler können verschiedene SoMs in einem einzigen Mainboard-Design verwenden – das bringt wiederum drei große Vorteile mit sich:

  • Unternehmen können mehrere Endgeräte mit unterschiedlichen Leistungen aber mit immer demselben Mainboard anbieten.
  • Unternehmen können das SoM während des Produktlebenszyklus mit einem leistungsfähigeren oder besser verfügbaren SoM ersetzen.
  • Die Einarbeitungszeit der Entwickler für ein neues SoM, das auf einem bekannten Standard basiert, ist gering.


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Worauf sollte man bei der Auswahl des Formfaktors besonders achten?


Power Management
Entwickler können das Power Management entweder diskret oder mithilfe eines Power Management ICs (PMIC) realisieren. Die meisten SoMs geben keine Spannungen vom PMIC zurück an das Mainboard. Falls doch, dann dienen die Ausgänge meist lediglich als Referenzspannung. Einige SoMs haben jedoch den Vorteil, dass das gesamte Mainboard vom PMIC versorgt werden kann. So lassen sich die Ausgänge auf dem Baseboard zur Versorgung aller angeschlossenen Komponenten nutzen und Kosten senken, da lediglich ein Buck-Regler das SoM selbst versorgt.

Mit solch einer Lösung lassen sich einige PMIC Power Rails beim Wechseln in den Low-Power-Modus abschalten – so ist ein stromsparendes Mainboard-Design möglich. Außerdem ist das Power Sequencing mit lediglich einem einzigen Regler auf dem Mainboard, der beim Einschalten den PMIC auf dem SoM versorgt, viel einfacher. Der PMIC startet mit der speziellen Sequenzierung für den jeweiligen SoC und die Peripheriegeräte sind direkt in der Sequenzierung enthalten, da sie ebenfalls von den PMIC Power Rails gespeist werden. Hierdurch vermeidet man ein seltsames Einschaltverhalten und daraus resultierende komplexe Sequenzierungsschaltungen auf dem Mainboard.

Software

Bei der Auswahl eines SoM spielen die Software und das Betriebssystem eine wichtige Rolle, wobei Linux in der Embedded-Welt eine führende Rolle einnimmt. Hierbei gilt es zwischen Open Source im Allgemeinen und Mainline Linux zu unterscheiden.

Open Source bedeutet im Grunde, dass ein Anbieter alle Quellen bereitstellt und Unternehmen so die Software komplett selbst entwickeln können. Jedoch ist das gar nicht immer erstrebenswert, zugleich aber gut, sich diese Möglichkeit offen zu lassen. Entwickler müssen die Lizenz der verwendeten Open Source Software im Auge behalten. So steht der Linux-Kernel unter der GNU General Public License (GPL), Version 2. Sie verlangt, dass jeder, der Software, die auf Quellcode unter der Lizenz basiert, weitergibt, dem Empfänger den ursprünglichen Quellcode und alle Änderungen unter den gleichen Bedingungen bereitstellen muss.

Deshalb bedeutet Mainline Linux aufgrund der verwendeten GPL-v2-Lizenz noch viel mehr als Open Source. Alle Änderungen sind verfügbar zu machen – somit sind alle Optimierungen, Verbesserungen und Fehlerkorrekturen für alle zu jeder Zeit zugänglich. Das hat den großen Vorteil, dass weltweit Firmen und Entwickler an der Wartung von Linux arbeiten und die Abhängigkeit von lediglich einem Unternehmen entfällt. Aus dem Grund sollte das verwendete SoM mit Mainline-Support ausgestattet, also upgestreamt sein. Hieraus folgt, dass es in linux-next enthalten ist, also in der aktuellsten verfügbaren Linux-Kernel-Version. Sie ist dann theoretisch immer für diese Hardware verwendbar.

Kundenspezifische System on Modules

Nicht jedes Standard-SoM passt ideal für eine spezifische Applikation. Stattdessen kann das gemeinsame Entwickeln eines individuellen SoMs zusammen mit dem Hersteller sinnvoll sein. Hier stellt sich zunächst die Frage welche SoM-Hersteller überhaupt kundenspezifische Varianten anbieten und in welchem Umfang individuelle Wünsche umsetzbar sind (kleinere Anpassungen eines bestehenden SoMs vs. komplett kundenspezifische Entwicklung).

Zudem ist die Umsetzung kundenspezifischer SoM-Varianten oft erst ab einer bestimmten Stückzahl möglich. Die Entscheidung für oder gegen ein kundenspezifisches SoM ist meist ein Abwägen zwischen den Faktoren Zeit, Kosten und Nachhaltigkeit.


Steckbar versus lötbar

Ob ein lötbares oder steckbares SoM zum Einsatz kommen soll, hängt stark von den Anforderungen an das Endgerät ab. Ausschlaggebend für die Entscheidung ist in der Regel die Anzahl der produzierten Geräte pro Jahr. Liegt die Stückzahl im Bereich von 1.000 bis 2.000 Stück pro Jahr ist ein steckbares SoM sinnvoll. Bei höheren Stückzahlen bieten auflötbare und damit maschinell bestückbare SoMs deutliche Vorteile. Weitere Hilfestellung bei der Entscheidung bieten folgende drei Fragen:

  • Wie viel Platz ist für das SoM vorgesehen?
  • Kann der EMS lötbare SoMs mit Land Grid Array (LGA) oder Bald Grid Array (BGA) bestücken?
  • Muss das SoM zu einem späteren Zeitpunkt, zum Beispiel im Return Merchandise/Material Authorization (RMA)-Prozess austauschbar sein?

Viele Hersteller bieten lötbare SoMs als LGA-Variante an. Hierbei unterscheidet man zwischen LGAs ohne Lot auf den Pads und mit Lot. Ersteres ist in der Regel nicht einfach zu verarbeiten, da man mehr Lotpaste auf das Mainboard auftragen muss, um die Unebenheiten der Leiterplatte auszugleichen. Das birgt die Gefahr von Luftblasen in den Lotkugeln, was zu einer schlechten Verbindung führt. Um das Problem zu vermeiden, rät DH electronics beispielsweise zu LGA-SoMs mit vorverzinnten Pads oder zu SoMs mit echten BGA Balls.

    Fazit

    Es gibt keine richtige oder falsche Entscheidung bei der Wahl des SoM-Formfaktors. Stattdessen muss die Wahl zum Produkt, dem Lebenszyklus und den produzierten Stückzahlen passen. Wichtig ist, die Wahl des SoM-Formfaktors rechtzeitig und sorgfältig zu treffen. Außerdem sollten Entwickler nicht nur auf die Kosten achten, sondern ebenfalls die technischen Eigenschaften des Gesamtprodukts und den Support des SoM-Anbieters berücksichtigen.

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    Quelle: Die Originalfassung des Artikels von Andreas Geisreiter, DH electronics, lesen Sie auf elektroniknet.de